April 2013

Westfalen-Blatt vom 09.04.2013

Perlick wirbt um Verständnis für seine umstrittene Skulptur

Bünde (WB). Die Skulptur »Der Ohrenmensch« von Horst Perlick sollte auf dem Goetheplatz postiert werden. Eigentlich. Doch nachdem die Umgestaltung des Platzes ad acta gelegt wurde, geriet auch die geplante Bronzefigur in Vergessenheit. Jetzt ist eine Miniaturausgabe der Bronzestatue in der Schalterhalle der Sparkasse Eschstraße zu sehen.
Wie berichtet, hatte der Künstler, Jahrgang 1943, für seine Arbeit viel Kritik einstecken müssen. Die reichte von»Reklame für den Bäckerladen«, weil das querliegende Ohr der Figur an eine Brezel erinnert, bis zur brüsken Aberkennung jeglicher künstlerischen Qualifikation. Das sei sehr verletzend gewesen, sagte Perlick gestern. Und mutmaßte, hier sei eine Seilschaft am Werk, die eine Kampagne lanciert habe, weil der Komplex, den er mit seiner Arbeit anspreche – Antisemitismus/ Gewalt – ein »unerwünschtes« Thema sei.
Zur Erinnerung: Die Skulptur sollte ursprünglich dort positioniert werden, wo einst das Kaufhaus der jüdischen Familie Spanier stand – als Mahnmal gegen das Vergessen nationalsozialistischer Verbrechen. Eine noch lebende Nachfahrin der Familie, die in den USA lebt, hatte Bereitschaft signalisiert, sich mit 15000 Euro an der Finanzierung des Projektes zu beteiligen. Dies, so Perlick, allerdings unter der Voraussetzung, dass der »Ohrenmensch« in unmittelbarer Nähe des früheren Kaufhauses am Goethe-Platz aufgestellt werde. Eine weiter entfernter Standort, etwa im nahe gelegenen Steinmeisterpark, komme für die in den Staaten lebende Frau nicht in Betracht Jetzt geht der Künstler davon aus, dass die Skulptur auf einem kleinen städtischen Grundstück in Nähe der Apotheke am Goetheplatz postiert wird. Das sei kein wirklich geeigneter Standort, »aber besser als keiner«, sagte Perlick.
Um der Bevölkerung seine Idee von »Ohrenmenschen«, der sich zum Positiven hin öffnet und wandelt, näher zu bringen und der bisher geäußerten Kritik an seiner Arbeit zu begegnen, stellt Horst Perlick das Bronzemodell noch bis zum Monatsende in der Schalterhalle der Sparkassenfiliale an der Eschstraße aus, versehen mit kurzen, erläuternden Texten.
Die Sparkasse stellt nicht nur die Räumlichkeiten zur Verfügung. Sie hat auch angekündigt, über ihre Stiftung das Projekt unterstützen zu wollen. Die Gesamtkosten für den Guss und die Aufstellung der zwei Meter hohen und etwa einen Tonne schweren Skulptur werden voraussichtlich bei etwa 35000 Euro liegen.
Bei der weiteren Finanzierung ist der zum Jahreswechsel gegründete gemeinnützige Verein »Erinnerung und Dialog« gefragt. Dessen Vorsitzender ist Bürgermeister Wolfgang Koch. Er will Unterstützern des Projektes, die mindestens 500 Euro gespendet haben, etwa zehn Zentimeter hohe Miniaturen der Skulptur als kleines Dankeschön überreichen.
20 dieser Mini-Ohrenmenschen sind gegossen worden. Er teilt auch nicht Perlicks Vorbehalte gegen die Qualität der Miniaturen. Perlick hält die Stücke für »unsauber gearbeitet«, was Koch »nicht nachvollziehen« kann.
Die Stadt war bei den Kosten für die 20 Exponate in Vorleistung getreten Koch geht davon aus, dass der Verein mindestens 10000 Euro an Spenden einnehmen wird und ist überzeugt, dass das Projekt an der Finanzierung nicht scheitern werde. Wann die städtischen Gremien eine endgültige Entscheidung über die Realisierung und den Standort treffen werden, vermochte Koch gestern nicht zu sagen.